- Kellerbrand - Durchzündung - sechs verletzte FA
(ih) Wolfenbüttel (NS). Am 01.04.06 gegen 18.50 Uhr wurde die FF Wolfenbüttel zu einem Einsatz alarmiert, der eine erhebliche Dramatik entwickelte und bei einer Verletzung von 6 Kameraden eine selbstkritische Betrachtung verdient.
Lage
Offensichtlich durch einen technischen Defekt an der Schaltanlage einer Kellersauna, brach in einem Einfamilienhaus ein Brand aus. Dieser griff sehr schnell um sich und führte zu einer starken Verqualmung der Kellerräume und der darüber liegenden Erdgeschosswohnung. Dem Eigentümer, einem älteren Herrn, gelang es noch sein Pkw vor Eintreffen der Feuerwehr aus der Tiefgarage zu fahren. Weitere eigenständige "Bergungsversuche" mussten ihm sehr massiv untersagt werden. In der ersten Phase drang aus der Tiefgarage, die durch einen Gang mit der Sauna verbunden ist, dichter brauner/grauer Rauch. Die Schwerpunktfeuerwehr Wolfenbüttel setzt für derartige Einsätze einen Löschzug (ELW, TLF, DLK und LF) ein. Der erste PA-Trupp wurde mit einer C-Leitung durch die Garage zur Brandbekämpfung vorgeschickt. Nach kurzer Erkundung klagte der Trupp, dass ein Vordringen wegen starker Hitze und Sicht gleich Null, nur schwerlich möglich sein. Der Ratschlag des Einsatzleiters: "...auf dem Boden kriechen und erkunden". Ein zweiter PA-Trupp wurde zur Verstärkung/Sicherung hinterhergeschickt. Dieser meldete stark prasselndes Feuergeräusch und enorme Hitze. Ein dritter PA-Trupp erkundete die Wohnung. Es bestand die Gefahr einer Brandausbreitung über die Kellertreppe in die Küche. Deutliche Hitzespuren waren an der Kellertür erkennbar. Eine C-Leitung wurde vorgenommen. Der Plan eines zweiten Angriffsweges durch die Küche in den Keller, musste nach kurzem Öffnen der Kellertür wegen starker Hitze aufgegeben werden. Es wurde erwogen, einen Leichtschaumeinsatz durch eine Kellerfensterluke der Sauna vorzunehmen. Die Erkundung ergab, dass sich die Luke nicht weit genug öffnen ließ. Nach dieser Rückmeldung erfolgte ein explosionsartiger dumpfer Schlag. Unmittelbar danach folgten Hilfe- und Notrufschreie über Funk. Für alle Trupps wurde das sofortige Verlassen des Gebäudes befohlen. Ein PA-Rettungstrupp übernahm die teils benommen und geschockten Trupps. Die Erstversorgung übernahm der Rettungsdienst. Insgesamt wurden 6 PA-Gerätträger durch Hitzeeinwirkung 1. Grades verletzt und im Krankenhaus ambulant behandelt. Nach dem ersten Knall, setzte eine Folge von weiteren leichteren Explosionen - vergleichbar mit Feuerwerk oder MG-Feuer- ein. Nach diesem bis dato "normalen Einsatz" erfolgte die sofortige Bildung einer Einsatzstruktur mit Abschnittsleitungen (2x Brandbekämpfung, 1x Rettungsdienst, 1x Atemschutz) sowie die Erhöhung der Alarmstufen. Befragungen an den Eigentümer nach der möglichen Ursache blieben erfolglos. Zunächst wurde vermutet, dass Spraygasflaschen gezündet haben. Folgende kleinere Explosionen mit blauer Lichtbogenbildung sind auf die Zerstörung einer 400 V Schaltanlage zurückzuführen. Bis zur bestätigten Stromabschaltung durch die Stadtwerke wurden die Löscharbeiten im Innenangriff eingestellt. Da die Hauptsicherung im Gebäude nicht erreicht werden konnte, wurde das gesamte Wohnviertel stromlos geschaltet. Danach wurde der Brand durch einen massiven Wassereinsatz gelöscht. Der Saunabereich ist total ausgebrannt, mehrere Kellerbereiche sind zerstört. Der Wohnbereich ist durch Hitze und starker Raucheinwirkung erheblich beschädigt und vorübergehend nicht mehr bewohnbar.
Was war geschehen?
Nachfolgende Ausführungen begründen sich aus den eigenen Beobachtungen, den Aussagen der betroffenen Trupps und der Bildervorlagen.
- Eine intensive pulsierende Raucherscheinung (Lokomotiveffekt) war im Außenbereich, vor dem Garagentor, nicht erkennbar.
- Der Angriffstrupp wandte im Keller die Hohlstrahlrohrtechnik an. Obwohl er versuchte, die Decke abzuspritzen nahm er Feuerschein im hinteren Deckenbereich wahr. Offensichtlich waren dies Flammenzungen der berüchtigten "dancing angels", kurz vor der Rauchdurchzündung.
- Angrenzende Kellergänge und der Treppenaufgang zur Wohnung waren fast brandlastfrei. Dennoch kam es hier zu massiven Putzabsprengungen, die auf Temperaturen von 800-1000 Grad schließen lassen. Offensichtliche Folge der Durchzündung.
- Beschädigte Helmklappvisiere, Atemschutzflaschen und der Zustand der Schutzausrüstung lassen erkennen, dass sie einer erheblichen Hitzeeinwirkung ausgesetzt waren, die relativ kurzfristig gewesen sein musste.
Unsere Kameraden haben einen Flash-over erlebt und überlebt, ohne die Durchzündung bewusst wahrgenommen zu haben. Selbstkritisch betrachte ich es als glücklichen Umstand, dass unsere Kameraden keine schwereren Verletzungen, als Verbrennungen und Verbrühungen ersten Grades davontrugen.
- Der Merkmale eines drohenden Flash-overs haben oder konnten wir nicht wahrnehmen. Kein pulsierender Rauchaustritt (Lokomotiveffekt) ins Freie - vermutlich aber in der Garage!
- Die für den Flash-over benötigte Sauerstoffzufuhr entstand vermutlich beim kurzzeitigen Öffnen der Kellertür oder beim Versuch der Kellerlukenöffnung im Brandraum.
- Eine teils über der Norm getragene Schutzausrüstung hat die Verletzungen gemindert. Die Verbrühungen und Verbrennungen entstanden im maskenfreien Gesichtsbereich und an den Ohren. Ein Kamerad, ausgerüstet mit einer eigenen Kopfhaube, die bis auf auf den oberen Brustbereich reichte, erlitt Verbrennungen im Schulterbereich, an den Ohren und an der Wange. Diese wären mit Sicherheit wesentlich schwerer gewesen, wenn er ...
- Nicht umsonst verbietet die FUK Ohrenschmuck. In die Körperoberfläche eingebrachte Metalle sind gefährliche Temperaturleiter. Bei einer Freiw. Feuerwehr ist es schwer, diese schützende Bestimmung der UVV umzusetzen. Mag es dahingestellt bleiben, ob es an der Vergesslichkeit der Schmuckträger oder an der mangelnden Aufsicht der Einsatzleiter liegt. Derartiger Schmuck ist aus Sicht des Verfassers im Einsatzfall gefährlich und deshalb verboten! Es liegt an uns, diese Gefahrenquelle zu vermeiden.
- In dieser Situation hat die hochwertige Feuerwehrschutzausrüstung erheblichen Schaden vermieden. Dennoch bewerte ich nach diesem Einsatz die aktuelle Schutzausrüstung nach Norm kritischer. Das antiquarische Nackenleder in Verbindung mit einem Helm ohne Gesichtsschutz entspricht nicht mehr dem aktuellen Sicherheitsstandart. Kostengünstig sind qualitätsmäßig gute Gesichtschutzhauben oder Hollandtücher zu erhalten.
- Mein anfängliches Verständnis für die Vorbehalte der Notwendigkeit von Einsatzüberhosen in Verbindung mit der Überjacke (Kostendruck!) revidiere ich. Gute Überhosen sollten ähnlich wie die Überjacke ein Standard für PA-Gerätträger werden.
- Unabhängig von diesem Vorfall stellt sich die Frage, ob unsere altgediente Handlampe noch zeitgemäß ist? Diese wäre leicht und auch kostengünstiger durch kleine wesentlich effektivere Leuchten zu ersetzen.
Resümee
Dieser in der Anfangsphase nicht sonderlich schwere Einsatz schlug plötzlich in eine Dramatik um, als die in der Verantwortung des Einsatzleiters eingesetzten Kräfte plötzlich einer akuten Gefahr ausgesetzt waren. Die Gefühle, vielleicht auch Ängste, die wir alle hatten, wünsche ich keinem meiner Kameraden. Das Risiko ist und wird für unsere Einsatzkräfte auf jeden Fall größer. Unfälle, insbesondere Flashoverunfälle, können im alltäglichen Feuerwehralltag bei den unterschiedlichsten Bränden in Gebäuden auftreten. Im vorliegenden Fall war es in einer Sauna. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Feuersprung oder Flash-over heute fast in jedem Gebäude bzw. jedem Raum lauern kann! Nur eine intensive Ausbildung und eine sichere Feuerwehrschutzausrüstung, wird uns Schutz bieten können.
Quelle: Uwe Frobart
Bildquelle: J. Koglin