Schneidwerkzeuge zur Selbstrettung

Erstellt: 2001, letzte Überarbeitung: November 2013

Rettungsschere - griffbereit am Atemschutzgerät

(bl) „Kellerbrand. Ein Feuerwehrmann hing mit seiner unkontrolliert ausgelaufenen Leine fest. Eine Verkettung mehrerer Umstände führte zum Tod. Ein Teilergebnis der Unfalluntersuchung: Die persönliche Ausstattung ist um ein geeignetes Messer zu ergänzen, das an einer jederzeit zugänglichen Stelle in der Schutzkleidung getragen wird.“ Atemschutzunfall, 1996, wir berichteten.

Beinaheunfall in Oberdonven (Luxemburg), Selbstrettung mit einer Rettungsschere

„Gebäudebrand [...] Ein Angriffstrupp löste nach einer Trupptrennung den Notsignalgeber manuell aus […] Sicherheitstruppeinsatz. Ein anderer Angriffstrupp war im oberen Geschoss und legte eine Leine als Rückzugswegsicherung. Aufgrund einer Brandausbreitung ordnete der Abschnittsleiter den Rückzug an. […] hektisch […] kurzen Orientierungsschwierigkeiten […] Rückzug […] verhedderte sich die Leine des Truppmanns […] konnte nicht weiter […] Feuer direkt neben dem Trupp […] Rettungsschere, welche der Truppführer in einem Holster am Atemschutzgerät […] Leine durchtrennt […] fünf Minuten nach dem Verlassen stand das Gebäude im Vollbrand.“ Atemschutzunfall, 2009, wir berichteten.

Ebenso wie im Tauchbereich kann es jederzeit zu kritischen Situationen kommen: eigene Leine (ungewollt oder bewusst ausgelegt), Wäscheleine, herabhängende Kabel (Baustellen/ geschmolzenes Installationsmaterial) usw. Wer sich dann durch eigene Bewegungen nicht entwirren kann wird sich sehr glücklich schätzen das Corpus Delicti durchtrennen zu können. In den letzten Jahren haben sich etliche Lösungen entwickelt und sorgen nun für die Qual der Wahl in den Feuerwehren. Bereits vor der Jahrtausendwende gab es diverse Testversuche mit dem Ziel die Auswahlentscheidung zu vereinfachen. Wichtig ist in jedem Fall eine sichere Einhandbedienung (inkl. Entnahme!), eine Verlustsicherung (Fangriemen) und eine einheitliche Platzierung. Ob nun ein Messer oder eine Schere das bessere Werkzeug ist, bleibt dem Beschaffer überlassen. Bewährt haben sich Messertaschen in Feuerschutzhosen oder Holster am Schultergurt des Atemschutzgerätes.

Atemschutz-Notfalltraining - Schneiden von Leinen und Tannenbaumnetz - unter Nullsicht Rettungsmesser in der Messertasche der Überhose

Als Beschaffungshilfe stehen diverse Tests zur Verfügung: z. B. FREYER/LOBERMANN (2000), SEEGER (Brandschutz, 11/2013)

Verkompliziert wurde der Wunsch nach mehr Sicherheit im Jahr 2003, als ein verschärftes Waffengesetz für Diskussionen sorgte. Das Bundeskriminalamt stufte die Rettungsmesser wenige Monate nach Inkrafttreten neu ein. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Rettungsmesser seitdem unproblematisch als Werkzeuge nutzbar.

Diese Werkzeuge dürfen, da sie nicht dem Waffengesetz unterliegen, ohne waffenrechtliche Erlaubnis von jedermann besessen, erworben und geführt werden.

Buch: Atemschutz-Notfallmanagement CD: Atemschutz-Notfalltraining

Kurze Zeit später kamen Diskussionen über das zulässige Zubehör an Atemschutzgeräten bzw. die angeblich notwendigen Prüfungen auf. Die zufriedenstellende und praxisnahe Lösung ist eine Gefährdungsbeurteilung durch den Träger der Feuerwehr. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung wird man nicht um die Notwendigkeit von sinnvollen Zubehörteilen umher kommen. Dazu gehören u. a. auch Kennzeichnungsmaterialien für durchsuchte Bereiche, Türkeile, Bandschlingen und ein Brechwerkzeug (z.B. Halligan/Axt im Set). Wichtiger als technische Lösungen sind selbstverständlich organisatorische und taktische Faktoren ständig zu verbessern, damit man erst gar nicht in Notsituationen gerät.

Auszüge aus diesem Artikel wurden im Feuerwehr-Magazin 12/2013 (S. 35) veröffentlicht. Umfangreiche Informationen finden Sie in der Fachliteratur: Atemschutz-Notfallmanagement, seit 2010; Cimolino/Ridder/Lüssenheide/Reeker/Südmersen und Ausbildungsfolien ANT, seit 2010; Südmersen/Lüssenheide.

Bildquelle: Feuerwehr der Gemeinde Flaxweiler; Feuerwehr Mertert/Wasserbillig und Feuerwehr Bramsche-Achmer